Integration von Magnetplatten in “rauhe” Systemumgebung

Magnetplatten sind empfindlich gegenüber Fremdanregung durch Lüfter, benachbarte HDDen oder aber auch die Art der mechanischen Anbindung in das System. Zum großen Teil sinkt die I/O-Performance unbemerkt oder es kommt zu unerklärlichen Datenverlusten. Welche Mechanismen es gibt und wie man sich dagegen schützen kann?

Eine der großen Herausforderungen bei der Einführung von Magnetplatten in ein gegebenes Kundensystem ist die Integration des sogenannten „Rotational Vibration (RV)“ Faktors.

Hierbei handelt es sich um die designbedingte Empfindlichkeit von Magnetplatten gegenüber Vibrationen.

Die Frontseite der HDD bewegt sich hierbei relativ gegenüber dem in Ruhe befindlichen Interface Stecker, auf einem Kreisbahnausschnitt hin- und her. Die Auslenkungen sind für das menschliche Auge nahezu unsichtbar.

Die Ursache von RV Anregungen können vielfältiger Natur sein: typisch gibt es einige Störfrequenzen im Zielsystem, etwa der Systemlüfter oder die Magnetplatten von „nebenan“. Ebenso wichtig sind jedoch auch Anregungen, die die HDD selbst erzeugen, etwa bei der Positionierung von einer Spur zur nächsten nach dem actio-reactio Prinzip, ganz besonders, wenn die Zugriffsart „random“ ist.

Wie bei jeder Mechanik, hat auch die Mechanik einer Magnetplatte bestimmte Frequenzen, bei denen sie empfindlich reagiert. Je nach Hersteller und Baureihe gibt es hier sehr große Unterschiede.

Neben der Beeinträchtigung der I/O-Performance ist es vor Allem das Thema Datensicherheit, was es hier zu beachten gilt. Werden vibrationsbedingt die Datenköpfe beim Schreibvorgang zu weit von der Spurmitte abgelenkt, besteht die Gefahr, dass beim anschließenden Lesevorgang die Daten nicht mehr gelesen werden können, und somit die wichtigen Kundendaten verloren sind.

Die Lösung eines solchen Problems, sei es auf der Systemseite oder auch durch Einbringung einer neuen Servo Firmware auf Seiten des HDD Herstellers, ist immer zeitaufwendig, daher empfiehlt es sich möglichst früh abzuklären, ob es zu einem „RV Problem“ kommen kann.

Vielfach bleibt ein solches Problem als Ursache auch zunächst mal unbemerkt, das System wird bei bestimmten Anwendungen langsamer, oder aus scheinbar unerklärlichen Gründen werden häufiger Error Recovery Prozesse beobachtet, bis hin zu „silent“ Datenverlusten.

Als klassisches Beispiel ist in letzter Zeit immer häufiger zu beobachten, dass die eingesetzten Systemlüfter gerade in dem Frequenzbereich drehen, in dem die eingesetzten HDDen empfindlich sind.

TECODI hat dieses Problem systematisch untersucht und einen Testablauf geschaffen, der es schon zu Beginn der HDD Integration erlaubt potentielle „Frequenzüberlappungen“ von System und HDD festzustellen, den sogenannten RV Fragility Boundary Test ( RV FBT ).

Dabei handelt es sich um einen systemunabhängige Testsuite, bei der die Empfindlichkeitsstruktur der HDD vermessen wird. So können empfindliche und weniger empfindliche HDDen nach Frequenz und maximal zulässiger „Störenergie“ exakt bestimmt werden.

Unten in Bild 2 die Darstellung einer möglichen Überlappung einer System Störfrequenz und einer Frequenz, bei der eine HDD empfindlich ist.

Empfindlichkeitsfrequenz

Bild 2: Überlappung Stör- und Empfindlichkeitsfrequenz

Herzstück der RV FBT Test Suite ist der RVC400, ein RV-Shaker-Table, der mit entsprechender mechanischer Regelung und Software Steuerung versehen, die HDD nach Frequenz und Energie ansteuert, während verschiedene Schreib- Lese Testprogramme die HDD testet.

Bild 3: Die RV FBT Test Suite

Jede HDD hat bei bestimmten Frequenzen eine gesteigerte Empfindlichkeit, so ist zum Beispiel die Diagonale der Laufwerksmechanik, entsprechend der Hälfte der Störwellenlänge, als sogenannter DECKMODE sehr bekannt.

Gerade bei den größeren 3.5“ HDDen, geraten die äußeren Bereiche des Disk Radius in bestimmte Schwingmodi, in der Fachsprache „disk flutter“ genannt.

Wird durch äußere oder auch innere Einflüsse die zugehörige Frequenz stimuliert, kann es hier zu unliebsamen Head Crashes, oder im Sprachgebrauch der Hersteller „HDIs“ ( Head Disk Interferences ) kommen.

Bild 4: „disk flutter“ am Rand der Disk

Bild 4: „disk flutter“ am Rand der Disk

Es gibt eine Vielzahl von unterschiedlichen Resonanzfrequenzen, etwa die verschiedenen Eigenschwingungen der Positionier, auch Actuator genannt. (Begriffe wie „butterfly mode“ oder „rock mode“ beschreiben hier die zugehörigen Bewegungen).

Eine typische HDD hat 15 und mehr verschiedene Resonanzfrequenzen, die unterschiedlich in ihrer Ausprägung zwar durch sogenannte Notchfilter innerhalb der HDD gefiltert werden, jedoch in ihrer Gesamtheit darüber entscheiden, wie empfindlich eine HDD ist.

Bild 5: Biegeschwingung „suspension“

Bild 5: Biegeschwingung „suspension“

Je nach Bauart ist auch sehr häufig zu beobachten wie eine bestimmte Schwingung in ihren Schwingmodi hin- und herwechselt. Es bilden sich die entsprechenden Harmonischen aus, bei denen die „ungeraden“ von hoher Bedeutung sind.

TECODI arbeitet mit allen gängigen HDD Herstellern aber auch mit vielen Systemanwendern auf dem Gebiet der „RV Integration“ sehr eng zusammen.

Mit Blick auf die zukünftigen HDD Generationen, deren Empfindlichkeiten aufgrund der zunehmenden Flächendichten immer weiter zunehmen werden, wird ein RV FBT sehr bald unverzichtbar. Neue Designs mit „Heliumfüllung“ werden hier für Entlastung sorgen, aber Technologien, wie Thermal Media Heating (TMH), HAMR, oder ganz besonders SMR werden besondere Herausforderungen an die „RV Integration“ stellen.

TECODI- früh erkannt, früh gebannt.